Vor einigen Tagen konnte ich eine Veröffentlichung einer Baden-Württemberger Tageszeitung lesen. Es wurde berichtet, dass die Grünen eine Kastrationspflicht fordern, die bundesweit Gültigkeit haben soll. Auch die SPD Fraktion scheint dem gegenüber aufgeschlossen zu sein. Allein das durch den Grünen Cem Özdemir geführte Landwirtschaftsministerium lehnt ab und bremst aus. Die Antworten aus dem Ministerium klingen wie die vorhergehender Bundesregierungen unter der Führung der CDU/CSU. https://www.swp.de/politik/zwei-millionen-strassenkatzen-muessen-bald-alle-katzen-und-kater-in-deutschland-kastriert-werden_-65975011.html?fbclid=IwAR0735v5yYxWcSu3eQlYWnNPtB1ZQz3RhkEroa1b1YAz0t2PvARzUVDrREE
Die Frage lautet, warum man etwas regeln solle, dass manche Kommunen schon geregelt haben?
Ebenso lasse ich nicht gelten, dass es seitens der Bundesregierung keine Ermächtigung gibt, in Landes- oder Kommunalrecht einzugreifen. Zum Schutz der Hunde hat man auch Regelungen geschaffen, die bundesweit Gültigkeit haben.
Und dann möchte ich darauf hinweisen, wie die Tierheime derzeit unter den vielen Abgabetieren leiden, dazu die alljährliche Katzenschwemme, von der die Vereine unisono berichten, dass es noch nie so schlimm war, wie in diesem Jahr. Egal, wohin man schaut. Hilferufe, leere Kassen, Aufnahmestopps und erschöpfte Helfer*innen.
Und was nützt es denn, wenn eine Gemeinde eine Kastrationsverordnung erlassen hat und die Gemeine nebenan nicht?
Das Tierschutzgesetz
Das Tierschutzgesetz ist, seitdem der Tierschutz Verfassungsrang erhalten hat, ein Gesetz, das nicht mehr abseits steht oder untergeordnet ist.
Katzen, die entweder Freigänger oder herrenlose Straßenkatzen sind, gelten als Hauskatzen, als Haustier und unterstehen dem Tierschutzgesetz. Trotzdem lassen wir es zu, dass in Deutschland geschätzt 2 Millionen Katzen auf unseren Straßen leben und das oft im Elend. Mindestens zweimal im Jahr gibt es eine Schwemme von Katzenbabys. In dieser Zeit werden Hunderte Kitten von Findern bei den Tierheimen und Vereinen abgegeben, die die Katzen dann behandeln lassen müssen, denn oft leiden die Tiere unter Krankheiten, Flohbefall und Myiasis (Befall von Fliegeneiern und Maden) und müssen mit der Flasche aufgezogen werden, wenn die Katzenmutter nicht auffindbar oder gar tot ist. Der Aufwand, die großen Mühen, die das macht, kann sich kaum jemand vorstellen, der nicht schon Kitten mit der Flasche aufziehen musste. Alle zwei Stunden muss die Flasche gegeben werden und der Bauch massiert werden, damit das Kitten Kot absetzen kann. Tag und Nacht. Bei 4 oder 5 Kitten heißt es rund um die Uhr füttern, Bauch massieren und alles sauber machen. Man kann sich vorstellen, wie lange man das durchhält. Aber alles das leisten Pflegestellen im gesamten Bundesgebiet, von der Ostsee bis nach Berchtesgaden. Sie arbeiten genauso still und leise, wie man Kolonien von Straßenkatzen nur durch Zufall entdeckt, die sich auch verstecken. Oft findet man sie nur, weil Kitten entweder einfach ausgesetzt wurden, oder das Muttertier verschwunden ist und die Kitten auf der Straße nach Hilfe suchen.
Die Kitten- und Katzenschwemme verursacht volle Tierheime, sie verursachen auch dort Kosten für die Gemeinde, wo es Verträge und Regelungen zu Fundtieren gibt. Und das alle Jahre wieder, ohne Hoffnung auf Besserung, weil es keine bundesweit gültige Kastrationsverordnung gibt.
Was ist eigentlich mit dem Artenschutz?
Ein weiteres, sehr ernstes, Problem ist der Artenschutz. Nein, ich rede jetzt nicht von den erbeuteten Vögeln und Säugern. Ich spreche von der Europäischen Wildkatze, einer streng geschützten Art und der Gefahr der Hybridisierung. Der größte Feind der Wildkatze schmust gerne auf dem Sofa, heißt es in einem Zeitungsartikel zum Thema. https://www.stimme.de/leben/tiere/der-groesste-feind-der-wildkatze-schmust-gerne-auf-dem-sofa-art-4663295
Eine andere Tageszeitung veröffentlicht den Appell der Tierschützer nach der Kastration der Hauskatzen. https://www.welt.de/regionales/baden-wuerttemberg/article240521007/Tierschuetzer-appellieren-Hauskatzen-kastrieren-lassen.html
Der Appell allein hat noch nie etwas bewirkt. Das zeigen die vielen, vielen Katzen, die von Vereinen und Privatleuten aufgenommen und gepflegt, oder an Futterstellen versorgt werden müssen. Einige Jahre durchgesetzte Kastrationsverordnung, und die Tierheime würden weniger voll, die Kittenschwemme blieb aus oder wäre doch zumindest kleiner, es gäbe viel weniger Elend.
Und die echte Wildkatze könnte unter sich bleiben und bliebe als Art erhalten.
Also Herr Özdemir! Wo ist eigentlich das Problem?
Neuerdings aber kommen Kommunalpolitiker auf die sinnfreie Idee, den Freigängern den Freigang zeitweise zu verbieten. Sie argumentieren mit dem Schutz von vom Aussterben bedrohter Arten und sie haben damit nicht einmal Unrecht. Nur, man kann eine Katze, die es gewohnt ist raus zu gehen, nur schwer bis gar nicht einsperren. Sinnvoller wäre es doch, den Freigang für neu angeschaffte Katzen zu verbieten. Das bräuchte wieder eine Übergangszeit, denn Katzen, die Freigänger sind, bleiben es bis ans Ende ihres Lebens.
Es müsste eine Regelung gefunden werden. Vor allem aber würde ich mir wünschen, dass da Menschen entscheiden, die von der Thematik, mit der sie sich beschäftigen müssen, auch Kenntnis haben. Denn bisher, hat man den Eindruck, wird ins Blaue entschieden. Vor allem aber muss man die Menschen mitnehmen.