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Meine Lektion

Meine Lektion

Und ich dachte wirklich mal, mich kann nichts überraschen 😇 ☺️

Als ich Max und Moritz am 4. November 2018 aus Thüringen zu mir geholt habe, hatte ich keine Ahnung, was mich erwartet. Eigentlich sollten die Zwei meine Emily bespaßen, die, nachdem ich ihr alle Möglichkeiten verbaute den Garten zu verlassen, chronisch unterfordert war und zum Teil noch ist. Ich bin Katzenkenner und sehr erfahren und habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wie ich die Vergesellschaftung gestalte. Meine Katzen sind und waren sozial und die zwei waren sozialisiert und vor allem jung. Am 18.06.2018 geboren, waren sie knapp 5 Monate alt.

Die Vergesellschaftung lief problemlos. Max hatte vor dem großen Joschi mächtig Respekt, aber das gab sich schnell. Joschi verhält sich immer vorbildlich. Die zwei waren alterstypisch agil und verspielt, aufpassen musste ich allerdings im Garten. Schon am zweiten Tag flitzte Max am Gartentor hoch, etwas, das meine Coonies hier nie gemacht haben. Ich besserte also nach. Mit der Hilfe meines Neffen zog ich am Überkletterschutz Strom, um die Herren am Ausbrechen zu hindern. Das allerdings wurde von Tag zu Tag schwieriger.

Dieser Kater besuchte uns mehrmals täglich und wollte mit Max und Moritz spielen. Max und Moritz waren auf den Kerl so neugierig, dass er zu uns in den Garten kam und mit den Katzen spielte.

Die zwei hinter dem Kater her laufen zu lassen, war keine Option. Erstens waren die Kater noch nicht kastriert und in unserer Region gibt es eine Kastrationsverordnung und Registrierungspflicht. Etwas, das nicht zu beanstanden ist und in ganz Deutschland so sein sollte. Und zweitens bin ich ein Gegner des ungesicherten Freigangs. Bis zu dieser Zeit glaubte ich fest, dass jede Katze mit der Wohnungshaltung zufriedengestellt werden könnte.

Wie sehr ich mich doch geirrt habe!

Aufgrund einer massiven Durchfallerkrankung wurden Max und Moritz erst im Januar 2019 kastriert. Die Monate bis zu ihrem Freigang wurden sehr anstrengend. Max vor allem brach dauernd aus. Auch während er im Garten war, tötete er eine ganze Menge Vögel. Er war unausgeglichen und laut, sprang in die Pflanzen, griff die Katzen an. Die Situation belastete einfach nur noch. Als dann die Igel erwachten und nicht mehr in den Garten konnten, weil ich alles verschlossen hatte, buddelten sich die Igel unter dem Zaun durch. Das war der Startschuss für Max und Moritz! Jetzt hielt sie nichts mehr.

Zunächst arrangierte ich mich mit meinem Nachbarn. In die Umzäunung des Gartens zum Nachbarn baute ich eine Katzenklappe ein, die den Chip herausliest und nur Max und Moritz raus und auch wieder reinlässt.
Später bauten mein Neffe und ich die Klappe ins Gartentor ein, was den Vorteil hat, dass sie direkt in die riesige Grünanlage gehen können, in der es eine gewaltige Masse an Mäusen gibt.

Seitdem sind die Kater wie ausgewechselt. In der Gruppe herrscht zumeist Frieden, außer bei sehr tiefen Temperaturen oder sehr schlechtem Wetter sind Max und Moritz nur zum Schlafen zu Hause.

Trotz ihres ausgeprägten Freiheitsdranges sind die zwei total auf mich fixiert. Ich kann mit beiden Katern spazieren gehen. Sie folgen mir überall hin, was ich aber nur bedingt zulassen kann. Wenn man mit ihnen spazieren geht, ist das so, als wäre man mit Hunden unterwegs.

Freigang ist ein Thema, das polarisiert. Ich war und bin immer noch der Ansicht, dass ungesicherter Freigang für die meisten Katzen nicht notwendig ist. Seien wir ehrlich: die Annahme, Freigang sei die einzig artgerechte Art, Katzen zu halten, ist antiquiert und offenbart einen Tunnelblick beim Menschen. Diese Menschen folgen einer Doktrin aus längst vergangener Zeit und haben sich über die Möglichkeiten der Katzenhaltung kaum Gedanken gemacht. In den Streitereien wird es auch schnell unfreundlich bis beleidigend, weil man sich gegenseitig der Tierquälerei bezichtigt. Jeder beharrt auf seiner Meinung, die selten auf einer faktischen Beurteilung beruht, sondern eben nur auf Meinung.

Mit fast 17 Millionen Hauskatzen in deutschen Haushalten ist die Katze das beliebteste Haustier der Deutschen. Sehr viele werden in Wohnungen und in Großstädten gehalten. Sind das alles Tierquäler? Ich unterstelle, dass in den meisten Fällen die Tiere doch ganz ordentlich gehalten werden, zumindest hoffe ich das.

Es wird immer argumentiert, dass Kühe und Pferde auch nicht nur im Stall gehalten werden. Das ist so weit auch richtig.

Die Kuh und das Pferd gehören auf die Weide. Soweit stimme ich zu. Eine Weide ist aber ein eingegrenzter Raum, d.h., ungesichert durch die Gegend laufen, können auch Kühe und Pferde nicht. Sie würden schnell zu einer Gefahr werden, wenn sie über Straßen laufen, usw.

Menschen sind rational in der Lage, Gefahren abzuschätzen und zu lernen. Man sagt ja, Menschen seien vernunftbegabt und lernfähig. Menschen wissen in der Regel, dass man nicht einfach auf eine Straße laufen kann, dass man keine Vögel töten soll und man nicht alles essen kann, was einem vor die Nase kommt.

Die Katze kann das alles nicht! Sie erkennt Gefahren nur innerhalb des Spektrums ihrer Instinkte. Sie kann weder Zusammenhänge erkennen, noch ist sie kognitiv in der Lage, Situationen abzuwägen und Entscheidungen zu treffen.

Die Katze ist ein Haustier mit ausgeprägtem Jagdinstinkt. Das ist das Erbe aus knapp 10 000 Jahren Evolution, in der die Katze begriff, dass es ihr zwar einigermaßen gut erging, wenn sie sich den Menschen anschloss, sie aber nur gern gesehen war, wenn sie erfolgreich gejagt hat.

Wenn tatsächlich nur diese Katzen draußen herumlaufen würden, die man 100 % nicht halten kann, dann gäbe es weniger verletzte Tiere, um die Menschen sich kümmern müssen, es gäbe viel weniger platt gefahrene Katzen, die andere dann von der Straße kratzen müssen und es gäbe tatsächlich viel weniger Fälle von FIV, FeLV, und ungewollter Kitten.

Würde ich nicht in so einer ruhigen Gegend leben, hätte ich Max und Moritz ein neues Zuhause gesucht, von wo aus sie relativ gefahrlos draußen herumstromern können. Dadurch, dass sie sich zumeist in der großen Grünanlage aufhalten, sind sie nicht so vielen Gefahren ausgesetzt. Ansonsten hätte ich das Problem nur abgeschoben, denn Freigänger bleiben sie auch anderswo. Ich hätte es nur nicht mehr gesehen. Dennoch kann es passieren, dass sie von einem Streifzug nicht zurückkommen. Das ist das Risiko, dass sie und ich tragen müssen. Darüber muss ich mir im Klaren sein. Eine Erkenntnis, auf die ich gern verzichten würde.

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