Mir ist es allerdings schon seit Jahren bekannt, dass Landratsämter Amtsveterinäre unter Druck setzen, die gegen die Missstände in der Massentierhaltung vorgehen. Und gerade in Thüringen wundert mich das umso mehr, als doch #DieLinke regiert und angeblich so für den Tierschutz eintritt. #Ramelow wird sich fragen lassen müssen, inwiefern das mit der Haltung der Partei in Einklang zu bringen ist.
Zitat MDR
„Vor dem Arbeitsgericht Nordhausen wird am Donnerstag die Klage einer ehemaligen Amtstierärztin des Unstrut-Hainich-Kreises gegen ihre Kündigung verhandelt. Brisanz hat die Klage, weil die Veterinärin Judith Keidel vor fünf Jahren konsequent gegen Tierschutzverstöße in einer Schweinemastanlage des ehemaligen Thüringer Bauernpräsidenten Klaus Kliem vorgegangen ist.
Nach Informationen von MDR THÜRINGEN war die Amtstierärztin vom Landratsamt Unstrut-Hainich zunächst in die Abteilung für Kleintiere versetzt worden. Das Landratsamt Unstrut-Hainich schrieb im August 2020 auf MDR THÜRINGEN-Anfrage, ein solcher Wechsel im Tätigkeitsbereich sei durchaus ein „gängiges Geschehen“. Frau Dr. Keidel sei unverändert als Amtstierärztin tätig. Offenbar ist der Tierärztin aber kurz darauf gekündigt worden. Ihre Klage dagegen wird von Donnerstagnachmittag an vor dem Arbeitsgericht verhandelt.
Was ein Gespräch in der Landestierärztekammer mit dem Fall zu tun hat
Hinweise auf eine mögliche Verbindung zwischen der Kündigung und Keidels Vorgehen gegen den Kliem-Betrieb gibt ein Vorgang, der mittlerweile beim Thüringer Sozialminsterium aktenkundig ist. Danach war Amtstierärztin Keidel im November 2018 von der Landestierärztekammer eingeladen worden. Es sollte um Kammerangelegenheiten gehen. Anwesend waren der Präsident der Thüringer Landestierärztekammer, Dr. Lothar Hoffmann, und Ehrenpräsident Dr. Uwe Landsiedel. Mit dabei waren auch der Abteilungsleiter im Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV), Dr. Jürgen Ziegenfuß, und eine Juristin aus dem Landratsamt Unstrut-Hainich.
In diesem Gespräch, dessen Protokoll MDR THÜRINGEN vorliegt, ging es offenbar nicht um Kammerangelegenheiten, sondern um die Handeln des Veterinäramtes des Kreises gegen die Betreiber der Schweinemastanlage Aschara. Sie gehörte damals zur Agargesellschaft Adib, damals mehrheitlich im Besitz von Klaus Kliem und seiner Familie. Vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena hatte sich die Adib zu dem Zeitpunkt gegen Sperrmaßnahmen in ihrem Betrieb gewehrt.
Missstände in Schweinemastanlage festgestellt
Die Zustände in den neu gebauten Ställen der Agrargesellschaft ADIB waren im April 2017 festgestellt worden. Damals entdeckten Veterinäre bei Kontrollen unter dem 7.000 Schweinen abgemagerte und apathische Tiere, Schweine, die sich nur mit den Vorderpfoten robbend durch den Stall bewegten, sowie Kannibalismus. 34 Tieren konnte nicht mehr geholfen werden – sie mussten getötet werden.
Bei einer Nachkontrolle im Juni 2017 stellten Veterinäre fest, dass in der Anlage Tausende Tiere aufgrund einer hohen Keimbelastung krank waren. 4.000 Ferkel und 1.200 Sauen mussten die Anlage verlassen, damit diese gründlich gereinigt werden konnte. Amtstierärztin Keidel hatte MDR THÜRINGEN damals berichtet, die 2012 gebaute Anlage habe schon länger unter starker Keimbelastung gelitten. Seit Anfang des Jahres hätten die Behörden die Betreiber mehrfach aufgefordert, die Mängel zu beseitigen.
Ehrenpräsident der Landestierärztekammer wirft Tierärztin fehlende Kompetenz vor
In dem Gespräch bei der Landestierärztekammer warf deren Ehrenpräsident Landsiedel der Tierärztin Keidel vor, fachlich nicht in der Lage zu sein, Kontrollen in Schweinehaltungsbetrieben durchzuführen. Es wäre gut, die Maßnahmen gegen den Schweinehalterbetrieb zurückzufahren. Es könne doch nicht sein, dass die Haltung beanstandet werde, nur weil wenige Tiere krank und nicht behandelt seien.
Der anwesende TLV-Abteilungsleiter Ziegenfuß widersprach dem und attestierte der Tierärztin, sie habe korrekt und angemessen gehandelt. Bei Kontrollen in anderen großen Schweinemastbetrieben wären keine solchen Missstände festgestellt worden.
Mit Gang zum Landrat gedroht
Im weiteren Gespräch wurde die Tierärztin Keidel dann gefragt, ob es ihr gut gehe, und ob sie überfordert sei. Zudem soll Tierärztepräsident Hoffmann geäußert haben, er hätte gleich zu Landrat Harald Zanker (SPD) gehen können, aber er wollte erst dieses Gespräch führen. Landsiedel hatte zudem auf Nachfrage erklärt, das er in der Angelegenheit vom Rechtsanwalt Jörg Geibert angesprochen worden war, der die ADIB rechtlich vertritt und ein früherer Thüringer Innenminister ist.
Sozialministerium: Vorgehen in Aschara war korrekt
Ob dies eine versuchte Einflussnahme auf die Ermittlungen in Sachen Aschara war, wurde danach auch vom Thüringer Sozialministerium geprüft. Auf MDR THÜRINGEN-Anfrage schreibt das Ministerium, dass die Besprechung in dieser Form und mit den genannten Inhalten grundsätzlich nicht unter eine Schlichtung im Sinne der Kammeraufgabe gefallen sei. Zudem seien die Vorgänge in Aschara vom Veterinäramt fachlich korrekt bearbeitet worden.
„Papierkrieg“ um Schweinemastskandal
Was den Schweinemastskandal Aschara und seine Aufklärung angeht, so ist in den vergangenen fünf Jahren ein regelrechter Papierkrieg entstanden. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen erklärte, es würden ständig neue, bis zu 500-seitige Stellungnahmen verschickt, die „die Strafrechtspflege regelrecht lahmlegen“.
Die ADIB hatte neben Jörg Geibert schon früh eine auf landwirtschaftliche Fälle spezialisierte Kanzlei aus Starnberg in Bayern engagiert. Eine fertige Anklage sei noch nicht in Sicht, so die Staatsanwaltschaft.
Ex-Bauernpräsident Klaus Kliem war gerichtlich gegen ein drohendes Tierhaltungsverbot und Verkaufsperren vorgegangen – ohne Erfolg. Daraufhin wurden neue Unternehmen gegründet, die die Ställe unter dem Dach der ADIB weiterführten. Inzwischen ist die ADIB als Ganzes an ein Tochterunternehmen einer Aldi-Stiftung weiterverkauft worden. Die Tierproduktion in Aschara hat ein anderer Unternehmer übernommen.“
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